Faktenblatt Migräne

Hinweise für Arbeitgeber:innen

 

Ein paar grundlegende Fakten:

  • Auf das gesamte Leben gerechnet (so genannte Lebenszeitprävalenz) erkrankt mehr als jede:r Vierte (27 Prozent) der Erwachsenen irgendwann an Migräne – wie viele Menschen sind das in Ihrem Unternehmen/Betrieb?

 

Arbeiten mit Spaß

Wichtig für Sie und das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) Ihres Unternehmens:

Es gibt zahlreiche migränespezifische Medikamente, die zu einer raschen Besserung im Akutanfall führen. Jedoch nutzt nur ein Drittel der Betroffenen die Möglichkeiten der vorbeugenden Therapien, die individuell angepasst eine bessere Lebensqualität und weniger Arbeitszeitverlust bedeuten.

Durch leitliniengerechte Therapie-Optimierung können die migränebedingten Kosten bei einem Unternehmen mit 10.000 Mitarbeiter:innen jährlich um 600.000 Euro verringert werden, da die Leistungseinschränkungen am Arbeitsplatz bzw. durch Abwesenheit reduziert werden und die Ausfallkosten entfallen (siehe unten).

Hier können Sie gemeinsam mit dem BGM/dem Betriebsarzt einen wichtigen Beitrag leisten!

Denn:

  • Dem können Sie als Arbeitgeber:in mit einem guten Betrieblichen Gesundheitsmanagement vorbeugen! Fachkräfte zu halten und bis zur Rente in ihrer Gesundheit zu unterstützen, ist nicht nur aus Gründen der Fürsorgepflicht wichtig, sondern auch in Bezug auf den Fachkräftemangel. Kommunizieren und nutzen Sie die Beratungsmöglichkeiten, technischen und finanziellen Hilfen! (siehe unten)

Was genau Sie tun können:

Haben Sie gewusst, dass es einige Migräneauslöser (sogenannte Trigger) gibt, die im direkten Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen?

Typische Auslöser für Migräne am Arbeitsplatz:

Beispiele für solche Auslöser können sein:

  • flackernde Bildschirme
  • ungünstig ausgeleuchtete Arbeitsbereiche
  • häufiger Kundenkontakt (große Belastung, da es durch das Kundenaufkommen zu hohem Arbeitsdruck kommt und Hektik sowie Stress entstehen können)
  • Stress (positiver wie negativer – Arbeitsbelastung, Mobbing, soziale Konflikte, Personalmangel, Vereinbarkeit von Familie/Pflege und Beruf…)
  • Gerüche (wie Parfüm oder Schweiß)
  • Lärm und laute Geräusche (zum Beispiel im Großraumbüro oder in der Werkstatt)
  • körperliche Anstrengung

Ein sicherer, ergonomischer Arbeitsplatz, der die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen gewährleisten soll, ist gesetzlich in der Arbeitsstättenverordnung geregelt und kann einigen Migräneauslösern vorbeugen. Zudem ist eine positive und offene Arbeitsatmosphäre förderlich.

Wie sich Migräne im Job auswirken kann:

Eine unbehandelte Migräneattacke macht das Arbeiten nahezu unmöglich. Die Symptome sind zahlreich: starke bis stärkste Kopfschmerzen, die bei Bewegung zunehmen. Übelkeit, Erbrechen, Schwindel etc. erfordern Rückzug in Ruhe und Dunkelheit. Eine Migräne mit Aura kann etwa die Kommunikation mit Kolleg:innen und Kund:innen erschweren oder sogar unmöglich machen, wenn in der Auraphase  das Sprechen beeinträchtigt ist. Als Migräne mit Aura wird eine Migräneattacke bezeichnet, die von neurologischen Symptomen begleitet wird. Das können Sehstörungen sein, aber auch Missempfindungen, Lähmungen, Sprachstörungen u.a. Die Symptome sind sehr individuell. Während einer Migräne mit Aura, die das Sehvermögen beeinträchtigt, sollten keine Maschinen bedient oder Fahrzeuge gelenkt werden.

Was das für Sie als Arbeitgeber:in bedeutet:

Nach einer Untersuchung von Professor Dr. Günter Neubauer, Universität der Bundeswehr München, verursacht die Migräne in Deutschland vor allem indirekte Kosten von 6,27 Milliarden Euro jährlich, im Sinne von Leistungseinschränkungen am Arbeitsplatz und Arbeitsunfähigkeitstagen. Da das Verhältnis der direkten zu indirekten Kosten 1:13 ist, wird ersichtlich, dass von den Kosten am meisten die Arbeitgebenden betroffen sind. Damit wird deutlich, dass die Migräne ein ernsthaftes betriebsärztliches Thema ist. Die entstehenden jährlichen krankheitsbedingten Kosten der Migräne in einem Unternehmen mit 10.000 Mitarbeiter:innen beziffert die Untersuchung auf 1.3 Mio. Euro. Davon wird die Produktivitätseinbuße jährlich auf 754.000 Euro, die migränebedingte Abwesenheit auf 494.000 Euro und der Ausfallersatz auf 52.000 Euro beziffert.

Dabei ist die richtige Migränebehandlung das A und O bei der Teilhabe am beruflichen Leben und kann Attacken reduzieren!

Aber: Mehr als 40% der Betroffenen gehen mit ihrer Migräne nicht in ärztliche Behandlung, werden nicht diagnostiziert und nicht angemessen behandelt.

Nur knapp zwei Drittel der Migränepatienten holen sich im Laufe ihres Lebens mindestens einmal Rat bei einem Arzt. Ganze 38 Prozent verzichten vollständig darauf. Das trifft vor allem auf jüngere Menschen zu. Viele Betroffene kennen also ihre Diagnose nicht und behandeln sich mit frei verkäuflichen Kopfschmerzmitteln, bei denen durch Übergebrauch eine Chronifizierung droht. Nur 16% der Migräne-Betroffenen erhält migränespezifische Medikamente, die zu einer raschen Besserung im Akutanfall führen. Ein Drittel nutzt die Möglichkeiten der vorbeugenden Therapien, die individuell angepasst eine bessere Lebensqualität und weniger Arbeitszeitverlust bedeuten.

Durch leitliniengerechte Therapie-Optimierung könnten die migränebedingten Kosten bei einem Unternehmen mit 10.000 Mitarbeiter:innen jährlich um 600.000 Euro verringert werden, da die Leistungseinschränkungen am Arbeitsplatz und durch Abwesenheit reduziert werden und die Ausfallkosten entfallen.

Fazit: Es ist empfehlenswert, migräne-betroffene Arbeitnehmer:innen in Bezug auf ihre Erkrankung und deren aktuelle leitliniengerechte Therapie direkt am Arbeitsplatz zu informieren – durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement, die/den Betriebsärztin/-arzt und/oder Ansprechpersonen im Unternehmen. Unterstützen Sie durch einen Infotag, Meldungen im Intranet, offene Kommunikation, eine Gefährdungsbeurteilung und entsprechende Hilfsmittel (z. B. höhenverstellbarer Schreibtisch, keine Schichtarbeit)!

Wissen und ein gesundheitsförderlicher Arbeitsplatz ermöglichen eine wirksame und nachhaltige Prävention.

Hilfreiche BGM-Aktivitäten zu Migräne:

Ziel ist es, Migräne am Arbeitsplatz zu entstigmatisieren und durch konkrete Maßnahmen die Lebensqualität der betroffenen Mitarbeitenden zu steigern. Gehen Sie ins Gespräch und bieten Sie dafür einen geschützten Rahmen an!

  • Informieren: Klären Sie Ihre Beschäftigten auf – ob durch Gesundheitsaktionen, Beratungen, Ansprechpersonen im Betrieb oder in Schriftform. Es gibt eine Vielzahl an kostenlosen Informationsmaterialien zum Download oder als Print.
  • Anpassen: Anpassungen im Arbeitsumfeld und am Arbeitsplatz kommen häufig allen Mitarbeitenden zugute. Beispiele wären die ergonomische Optimierung (um physische Fehlhaltungen und Nackenbelastungen vorzubeugen) sowie strukturelle Unterstützung (Analyse der Arbeitsbelastung, Zeit- und Organisationsmanagement etc.). Menschen mit Migräne sind sehr leistungsfähig und die Teilhabe leicht umsetzbar – Integrationsfachdienste helfen dabei.
  • In der Schweiz hat die Firma Novartis zusammen mit der Schweizer Kopfwehgesellschaft sowie mit führenden Expert:innen aus den Bereichen Neurologie, Telemedizin und digitale Medizin ein Pilotprojekt für ihre über 12.000 Mitarbeitenden entwickelt. Die Initiative „Migräne muss in alle Köpfe“ soll dazu beitragen, die Situation von Mitarbeiter:innen mit Migräne im Arbeitsumfeld zu verbessern. Nachdem Novartis das Programm zunächst im eigenen Unternehmen etabliert hat, wird es nun auch anderen Arbeitgeber:innen zur Verfügung gestellt. Das Ziel: bei Vorgesetzten und Kolleg:innen der Betroffenen Verständnis für Migräne und deren Auswirkungen zu schaffen. Im Rahmen der Initiative werden auch für andere Unternehmen und deren Mitarbeitenden zahlreiche Informationen zur Verfügung gestellt, um die Situation von Menschen mit Migräne im Arbeitsumfeld zu verbessern.

Zentrale Säule der Initiative „Migräne muss in alle Köpfe“ ist ein Programm zum betrieblichen Gesundheitsmanagement, das für Betriebsärzt:innen und für Personalabteilungen kostenlos umfassende Informations- und Servicematerialien bietet:

  • Broschüren, die über Ursachen und Symptome der Migräne informieren.
  • Ein Leitfaden, der Betroffene beim Gespräch mit ihren Vorgesetzten und ihren Kolleg:innen unterstützt.
  • Informationsmaterial, Newsletter-Bausteine und eine Checkliste für die Gestaltung eines migräne-freundlichen Arbeitsplatzes (z. B. Ruheraum und ruhige Arbeitsumgebung, ergonomische Arbeitsplätze, angepasste Beleuchtung und Lichtverhältnisse, gesunde Ernährungsangebote).
  • Exemplarisch werden weitere Services vorgestellt, die im Rahmen des Programms eingesetzt werden können: zum Beispiel eine Medizin-App mit digitalem Kopfschmerztagebuch und Tipps rund um das Thema Migräne, ein Online-Trainingsprogramm für betroffene Mitarbeiter:innen oder eine Service-Hotline, die Mitarbeitende anonym und kostenlos nutzen können.

Aufgrund des modularen Aufbaus lässt sich das Programm flexibel an die individuellen Verhältnisse und Bedürfnisse in verschiedenen Betrieben einsetzen.

Und das Programm zeigt Wirkung: Es brachte nachweislich Erfolge. Über 350 Mitarbeitende haben am Programm teilgenommen, gut 140 Teilnehmende haben zugestimmt, ihre Daten in einer Studie anonym zu analysieren, und es zeigte sich: Lebensqualität und Produktivität der Betroffenen verbesserten sich deutlich. Konkret reduzierte sich die krankheitsbedingte Beeinträchtigung nach sechs Monaten um 54 und nach neun Monaten um 64 Prozent. Im Schnitt haben die Betroffenen in einem Zeitraum von sechs Monaten fast 11 Arbeitstage und fast 15 arbeitsfreie Tage ohne Migräne gewonnen. Neun von zehn der Studienteilnehmer:innen gaben an, dass sie sich insgesamt besser fühlten. Angesichts dieser Zahlen und der hohen Belastung der betroffenen Mitarbeitenden wird der Wert einer vom Arbeitgebenden initiierten Unterstützung für Beschäftigte mit Migräne deutlich. Denn letztlich können alle Beteiligten profitieren.

Die/der Arbeitgeber:in ist dazu verpflichtet Maßnahmen durchzuführen, die der Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz dienen – so regelt es das Arbeitsschutzgesetz. Dazu gehört die standardisierte Gefährdungsbeurteilung. Demnach muss neben der Gestaltung und Einrichtung des Arbeitsplatzes beispielsweise auch der Lärmpegel im Büro beurteilt werden. Die Gefährdungsbeurteilung reduziert und vermeidet Belastungen der Beschäftigten und damit Zusatzkosten, die zum Beispiel durch Arbeitsausfälle entstehen. Sie erhöht somit auch die Wirtschaftlichkeit des Betriebes.

 

Unterstützung und Beratung erhalten Arbeitgeber:innen hier:

  • MigräneLiga
  • Schwerbehindertenvertretung
  • Integrationsfachdienste
  • Verbände wie der VdK

Was wir als Migräne Liga e. V. bieten:

Weiterführende Links zu Migränethemen finden Sie hier

 

Vertrauenswürdige Gesundheitsinformationen

Vertrauenswürdige Informationsquellen für Gesundheitsinformationen: Um sich ein fachlich fundiertes Bild über die Erkrankung des/der Beschäftigten zu erarbeiten, empfiehlt es sich, sich auf verlässliche Quellen zu stützen . Hier einige Beispiele:Bundesministerium für...

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MigräneLiga e.V. Deutschland

Die MigräneLiga e.V. Deutschland unterstützt Migräne-Betroffene mit Aktionen, Selbsthilfegruppen und Informationen rund um die Migräne: www.MigraeneLiga.de

Erstellt mit Hilfe der Projektförderung des BKK Dachverband