Migräne im Arbeitsleben
Im Laufe eines Lebens mit der chronischen neurologischen Erkrankung Migräne kommt es sehr häufig zu Herausforderungen im Arbeitsleben. Die Erkrankung betrifft ja weit überwiegend Menschen im berufstätigen Alter.
Zusätzlich zu der laufenden Auseinandersetzung mit dem chronisch Kranksein und den Anforderungen, die sich dadurch stellen (z.B. Umgang mit Symptomen der Erkrankung, Planen und Wahrnehmen von Arztbesuchen, Therapien, Prophylaxen, Erstellen von Notfallplänen, Bewältigen von Rollenanforderungen im Privatleben etc.), beklagen so gut wie alle Betroffenen regelmäßig unterschiedliche, vielfältige Probleme im Arbeitsleben. Häufig genannt werden Sorgen rund um die soziale Sicherheit (z.B. wegen Einzelfehltagen und Ausfallzeiten, Arbeitsanforderungen und -bedingungen, Arbeitsplatzwechsel und Probezeit, Belastbarkeitsgrenzen und Druck, Selbständigkeit und soziale Absicherung etc.).
Daher ist es wichtig, seine Rechte zu kennen und eine Idee davon zu entwickeln, welche Anlaufstellen Hilfen bieten.
Sehr hilfreich ist es, als erstes einen Antrag zu stellen auf die Anerkennung eines Grades der Behinderung. Der Antrag wird in der Regel beim örtlichen Versorgungsamt selbst gestellt. Auf Basis individueller medizinischer Befunde wird er dann geprüft. Der GdB wird oft für 5 Jahre, z.T. auch unbefristet gewährt. Widerspruch, Anträge auf Erhöhung des GdB und Neufeststellungsanträge sind möglich.
Weitere Informationen zum Thema Behinderung, Krankschreibung und Rehabilitation finden Sie hier.
Wer kann helfen, wenn es am Arbeitsplatz Schwierigkeiten gibt im Zusammenhang mit der Migräne?
Mögliche betriebsinterne Hilfestellen:
Personalvertretung/ Personalrat/ Betriebsrat/ Mitarbeitendenvertretung
In sehr vielen Betrieben gibt es eine gewählte Personalvertretung. Die setzt sich ein für Belange der Mitarbeitenden im Sinne des Arbeitsrechts. Sie vermittelt zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden.
Die Personalvertretung kann helfen, indem sie z.B.:
- die Anwendung von Rechten und Dienstvereinbarungen zwischen den Parteien durchsetzt
- kritische Personalgespräche mit vorbereitet und begleitet
- sich an einem Verfahren für Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM, s.u.) beratend beteiligt
- und Mitarbeitende in vertraulichen Gesprächen hilfreich berät
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)/ BEM-Berater:innen
Anspruch auf Unterstützung durch betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) haben alle Arbeitnehmenden, die im Laufe eines Jahres länger als 42 Tage ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Die Arbeitgebenden sind dann dazu verpflichtet, Hilfen zur Rückkehr ins Arbeitsleben anzubieten.
Ein BEM Verfahren soll dazu beitragen:
- die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen
- und sie langfristig sicherzustellen
- einer Chronifizierung von Erkrankungen und
- daraus resultierenden Einschränkungen vorzubeugen.
Arbeitsmedizinischer Dienst/ Personalärzt:innen/ Betriebsärzt:innen
Die Arbeitsmedizin setzt z.B. das Arbeitsschutzgesetz und Arbeitssicherheitsgesetz sowie die arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung um. Beschäftigte sowie Arbeitgebende werden begleitet und beraten im Hinblick auf arbeitsbedingte Erkrankungen und auf Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz.
Zu den Aufgaben gehören:
- die Beurteilung von Gesundheitsgefährdungen bei der Arbeit (inkl. psychischer Risiken),
- Planung und Gestaltung von Arbeitsplätzen wie z.B. Ausstattung von Bildschirmarbeitsplätzen,
- andere Arbeitsschutzmaßnahmen
- arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen z.B. bei Einstellungen und begleitend
- Unterstützung von Anträgen zur Rehabilitation
- Beratung und Wiedereingliederung von Langzeitkranken (BEM)
- psychosoziale Betreuung und Begleitung von Beschäftigten
- sowie Unterstützung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zur Gesundheitsförderung.
Betriebliche Schwerbehindertenvertretung
Im Blickfeld sind hier Belange von Menschen mit Schwerbehinderung (GdB von 50 und mehr), von im Arbeitsleben Gleichgestellten (GdB von 30 bis unter 50, die ähnlich wie Schwerbehinderte behandelt werden müssen), und Beschäftigte mit gesundheitlichen Schwierigkeiten, die (noch) nicht als behindert anerkannt sind. Schwerbehindertenvertretungen sind auch an BEM-Verfahren beteiligt (s.o.).
Die Unterstützung erstreckt sich auf:
- Vertrauliche Beratung und Begleitung
- Antragstellung zur Anerkennung von Schwerbehinderung oder Gleichstellung im Arbeitsleben
- Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation oder zur Berentung wegen Teil-/ oder Vollerwerbsminderung
und auf die Beschaffung erforderlicher, individueller Hilfsmittel für Arbeitsplätze.
Weitere u.U. hilfreiche Stellen können sein:
- Arbeitssicherheit
- Inklusionsbeauftragte
- Gleichstellungsbeauftragte
- Psychosoziale Beratungsstelle
- Vorgesetzte und Kolleg:innen
Mögliche überbetriebliche Hilfestellen:
Sozialverbände z.B. VDK Deutschland e.V., SoVD etc.
Sozialverbände kümmern sich um alle Fragen der sozialen Sicherheit und setzen sich ein für soziale Gerechtigkeit. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt dabei potentiell benachteiligten Gruppen wie Menschen mit Behinderung, Kranken, Pflegebedürftigen, Rentner:innen, Sozialhilfeempfänger:innen etc. Sie vertreten deren Interessen, auch in der Öffentlichkeit. Sozialverbänden kann man beitreten wie einem Verein. Man zahlt eine monatliche Gebühr für die Zugehörigkeit.
Mitglieder stärken die Organisation und erhalten z.B. folgende Leistungen:
- Informative Mitgliederzeitung mit Beiträgen rund um sozialrechtliche Fragen
- Telefonberatung oder persönliche Beratung in Sprechstunden zu Fragen rund um das Sozialrecht
- Rechtsvertretung wenn es zu Rechtsstreitigkeiten kommt, (z.B. bei Sozialgerichtsprozessen)
Selbsthilfeverbände am Beispiel der Migräneliga e.V. und deren Selbsthilfegruppen
Die Migräneliga ist eine Selbsthilfeorganisation und ein eingetragener Verein. Sie setzt sich ein für Menschen, die an Migräne leiden. Unter ihrem Dach gibt es u.a. viele Selbsthilfegruppen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit. Man zahlt einen Vereinsbeitrag.
Mitglieder stärken die Organisation und erhalten z.B. folgende Leistungen:
- Informative Mitgliederzeitschrift mit aktuellen, medizinjournalistisch aufbereiteten Beiträgen, auch digital verfügbar
- Stärkung chronisch kranker Menschen durch Information und Wissen zur Migräne, z.B. durch Online-Seminare
- Möglichkeit zur Teilnahme an bundesweit organisierten lokalen Selbsthilfegruppen, also Austausch mit gleichfalls Betroffenen, z.T. auch mit Online-Treffen
- Angebot zur Mitarbeit in der Selbsthilfe oder in themenbezogenen Arbeitsgruppen
Gewerkschaften und deren Sozialberatung
Gewerkschaften kümmern sich um Themen rund um das Arbeitsleben. Sie sind verantwortlich für Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebervertretungen. Darüber hinaus beraten sie ihre Mitglieder zu allen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsleben in dessen Verlauf aufkommen. Der Beitrag ist gestaffelt nach Einkommen.
Mitglieder stärken die Organisation und erhalten z.B. folgende Leistungen:
- Informative Mitgliederzeitung mit Beiträgen zu arbeits- und gewerkschaftsbezogenen Themen
- Angebote zu Bewerbung und Berufsstart
- Beratung und Begleitung in arbeitsbezogenen und sozialversicherungsrechtlichen Fragen
- Umfassender Arbeits- und Rechtsschutz
- Förderung von Gesundheit und Prävention
Inklusionsamt/ Integrationsbehörde
Inklusionsämter oder Integrationsämter sind als öffentliche Stellen zuständig für die Umsetzung des Schwerbehindertenrechts. Sie helfen dabei, Beschäftigungsverhältnisse von schwerbehinderten Menschen und Gleichgestellter (GdB 30 – < 50) zu fördern und zu sichern.
Sie helfen besonders durch:
- Information und Beratung für Arbeitnehmende mit Behinderung rund um die Berufstätigkeit
- Informationen für Arbeitgebende bezogen auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung und auf die Unterstützung der Unternehmen dabei
- Beratung über und Organisation von Arbeitshilfen für den Alltag im Betrieb
- Herausgabe des Digitalmagazins Behinderung und Beruf
Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) und deren Reha- und Sozialberatung
Die DRV ist zuständig für alle Fragen des Rentenrechts sowie für die Rehabilitation von Arbeitnehmenden. Teilweise muss man vor der Bewilligung schon einen gewissen Zeitraum sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben. Auch die Gewährleistung von Teil- und Vollerwerbsminderungsrenten ist hier verortet.
Die DRV bietet an:
- Beratung und Information rund um allgemeine und individuelle Fragen zu Rentenansprüchen, auch bei Teil-/ oder Vollerwerbsminderung
- Informationen zu Anspruch und Antragstellung bezogen auf Leistungen zur medizinschen Rehabilitation (auch von eigenen Kindern)
- Information und Beratung zu Möglichkeiten und zur Finanzierung von beruflicher Rehabilitation
Weitere u.U. hilfreiche Stellen können sein:
- Krankenkassen
- Haus- und Fachärzt:innen
- Reha-Berater der Arbeitsämter
- Beratungsstellen von Gemeinden oder Kirchen
- Sozialarbeiter:innen in Institutionen (Akutkliniken, Rehakliniken etc)